Freiwilligenarbeit im Ausland: So planst du deine berufliche Auszeit

by gruenartig

Endlich, endlich, endlich kann ich es euch verkünden: grünartig goes Canada! Ich habe so lange von einem längeren Auslandsaufenthalt geträumt und kann jetzt kaum glauben, dass sich dieser Traum schon sehr bald erfüllt. Anfang März geht tatsächlich mein Flieger nach Toronto! Drei Monate werde ich dann von Ost nach West reisen und auf verschiedenen Farmen aushelfen. Träumst du auch von einem Sabbatical im Ausland? Statt der täglichen Büroarbeit etwas “Sinnvolles” zu machen? Deinen Tag mit Tieren an der frischen Luft verbringen? So kitschig es auch klingt: Das muss kein Traum bleiben. Ich verrate dir hier, wie du Schritt für Schritt in das Abenteuer deines Lebens startest. Von der Finanzierung, zu empfehlenswerten Netzwerken und dem passenden Reiseziel. Denn das einzige, was zwischen dir und deinem Traum steht, ist ein guter Plan.

Der erste Schritt für dein Sabbatical

Wenn Du länger als die normale Urlaubsdauer im Ausland verbringen möchtest, wirst du um ein ausführliches Gespräch mit deinem Arbeitgeber nicht herumkommen. Vielleicht hast du es dir schon einmal vorgenommen und es dann doch nicht durchgezogen? Weil du dir die negative Antwort schon im Kopf ausgemalt hast? Mein meistgehörter Satz aus den letzten Wochen:

Das würde mein Chef niemals mitmachen!

Bist du dir wirklich sicher? Und was könntest du verlieren, wenn du einfach mal fragst? Ich habe (ehrlicherweise) auch nicht damit gerechnet, dass mein Sabbatical genehmigt wird. Trotzdem habe ich meinen ganzen Mut aufgebracht und das Thema angesprochen. Weil es mir wichtig ist und ich langfristig planen wollte. Vor diesem Gespräch habe ich dutzende Argumente und Strategien überlegt, die ich gerne an Dich weitergebe:

  1. Nimm dein Mitarbeitergespräch zum Anlass. Da ist es meist ruhiger, als im normalen Alltag und ihr plant “sowieso” deine beruflichen Perspektiven. Mit einem Auslandsaufenthalt verbesserst du auch deine Englischkenntnisse, was deinem Arbeitgeber bestimmt gefallen wird.
  2. Erzähl deinem Chef dann, welche Optionen es für eine Auszeit gäbe. Hier nur ein paar Beispiele: Unbezahlter Urlaub, feste Sabbatical-Regelung (50% Gehaltseinparung über den doppelten Zeitraum der Auszeit) oder auch Überstunden-Ausgleich. Wenn es eurem Unternehmen wirtschaftlich nicht so gut geht, könnte es so zum Beispiel von deiner Auszeit auch monetär profitieren.
  3. Gib den Zeitraum für deine Auszeit frei. Wer unbedingt gleich im kommenden Jahr loslegen möchte, hat deutlich schlechtere Chancen auf eine Genehmigung. Ich habe sehr viel früher nachgefragt, um eine Planungssicherheit zu schaffen. Möglich wäre aber auch der Zeitraum nach Abschluss eines großen Projektes oder im wohlbekannten “Sommerloch”? Biete unbedingt auch an, die Meinung deiner Kollegen zum besten Zeitraum einzubeziehen.
  4. Überlege dir zusätzlich eine Möglichkeit, wer in deiner Abwesenheit deine Arbeit realistisch übernehmen könnte. Vielleicht wärst du unterstützend auch selbst bereit von “unterwegs” in deine Mails zu schauen?
  5. Wirf im Zweifelsfall auch die nächste Gehaltserhöhung in den Topf – wenn du flexibel beim Verhandeln bist, hast du größere Chancen auf Erfolg.

Es soll ja auch Leute geben, die bei der Ablehnung einer Auszeit gleich mit Kündigung drohen. Davon würde ich stark abraten! Drohe niemals etwas an, das du nicht einhalten möchtest. Wenn alle Stricke reißen, kannst du diesen Schritt später tatsächlich gehen, aber denke darüber ganz in Ruhe nach und besprich die Konsequenzen mit deinen engsten Vertrauten.

Die Finanzierung, oder: Wer bezahlt jetzt meine Miete?

Vor eurer großen Reise gibt es viele Dinge zu klären: Steuer- und Sozialabgaben, Finanzierung, Fixkosten und so weiter. In meinem Fall hatte ich großes Glück: Mein Arbeitgeber bietet eine feste Sabbatical-Regelung an, sodass ich auch in meiner Abwesenheit ein reduziertes, aber festes Einkommen erhalte. Dadurch ergibt sich keine Lücke in meinen Rentenzahlungen und ich bin weiterhin bestens abgesichert. Ich würde euch daher dringend empfehlen, ebenfalls so eine Regelung einzugehen. Das bedeutet allerdings, dass ihr für einen längeren Zeitraum auf euer volles Gehalt verzichten müsst.

Ein sehr wichtiger Punkt ist darum auch die Planung der Fixkosten. Listet daher alle Punkte akribisch auf, die am Anfang eines Monats direkt von eurem Konto gehen. Wenn ihr in einer WG oder eigenen Wohnung lebt, solltet ihr euch mit der Option einer Zwischenmiete beschäftigen. Wichtig ist, dass ihr das immer in Absprache mit eurem Vermieter / Mitbewohner macht. Wer (wie ich) mit seinem Partner zusammenlebt, sollte das Thema Miete ebenfalls ansprechen. Vielleicht ist dein Partner bereit, in der kritischen Zeit etwas mehr zu bezahlen und du zahlst dafür nach der Auszeit etwas mehr.  Oder ihr findet einen anderen Deal. Denn natürlich kannst du deinen Partner nicht während der Auszeit alleine auf den Mietkosten sitzen lassen.

Außerdem musst du sparen. Ja, das macht keinen Spaß und bedeutet Entbehrungen. Ich habe dafür meinen Gitarrenunterricht und mein Bahnticket gekündigt (I love my bike!). Und ich habe begonnen, jede Kleinigkeit finanziell zu bewerten:

Brauche ich den Kaffee / den Pullover / das Eis gerade wirklich?

Muss ich mich mit Freunden im Restaurant treffen oder reicht es nicht zuhause? Unser Leben besteht aus dutzenden, kleinen Entscheidungen, die dich deinem Ziel näher bringen können. Und es fällt überhaupt nicht schwer, wenn man einen echten Grund vor Augen hat, für den es sich zu sparen lohnt. Zusätzlich habe ich Überflüssiges bei eBay Kleinanzeigen und Momox verkauft und mit meiner Familie ein geschenkfreies Weihnachten vereinbart. Ganz nach dem Motto: Kleinvieh macht auch Mist!

Und dann kommt es natürlich darauf an, was du für Pläne während deines Sabbaticals hast. Ich werde zum Beispiel hauptsächlich auf irgendwelchen Farmen in der Pampa arbeiten. Da ich für meine Arbeit Kost und Logis erhalte und es dort nicht viele Möglichkeiten gibt, Geld auszugeben, werden sich meine Ausgaben vor Ort in Grenzen halten. Überlegt deswegen genau, wo ihr hinfahren möchtet und was für Kosten (Transfer etc.) auf euch zukommen werden.

 

Reiseziel aussuchen und organisieren

Das richtige Reiseziel zu finden, ist gar nicht so einfach. Wenn ich mit meinem Freund zusammen verreisen könnte, wären wir wohl nach Afrika gegangen und hätten dort einen Brunnen oder ein Krankenhaus gebaut. Als alleinreisende Frau war mir das Projekt zu heikel. Also habe ich mich nach einem “sicheren”, englischsprachigen und einreisefreundlichen Land umgeschaut. Tatsächlich bietet Kanada ein Working Holiday-Visum bis zum 35. Lebensjahr an. Dadurch erhält man die Möglichkeit im Ausland Geld zu verdienen, um den Unterhalt und Ausflüge direkt zu finanzieren. Da ich mich allerdings für Freiwilligenarbeit ohne Lohn entschieden habe und auf den jeweiligen Farmen nicht länger als vier Wochen verbringe, wäre ein Visum gar nicht notwendig. Wenn ihr das Working Holiday-Visum beantragen wollt, müsst ihr auch sehr rechtzeitig darum kümmern. Eine gute Anleitung dazu findet ihr auf pinkcompass.

Kanada steht schon seit langer Zeit auf meiner Reise To Do Liste. Ich wollte dort “irgendwann mal” einen Reiturlaub unternehmen und die wundervolle Natur im Sattel erleben. Mit meinem Freund zusammen wäre das nie in Frage gekommen. Da ich jetzt alleine unterwegs bin, kann ich meine eigenen Vorstellungen perfekt umsetzen. Diese Auszeit ist die Chance, die Spinnereien in deinem Kopf Realität werden zu lassen. Lass dich dabei von deinem Bauchgefühl leiten, aber erkundige dich trotzdem ausführlich über Land, Leute und ggf. die ausführende Organisation. Nur weil es vielleicht romantisch klingt, Pandabären in China zu pflegen, kann die Realität ganz anders aussehen. Es soll ein paar Vermittler für Freiwilligenarbeit geben, die nur ans Abkassieren denken. Also erkundigt euch gut und nehmt wenn möglich Kontakt zu Leuten auf, die euer Reiseziel schon einmal besucht haben.

Wenn es euch zur Freiwilligenarbeit verschlägt, kann ich euch diese Netzwerke wärmstens empfehlen:

https://www.workaway.info

http://wwoof.net/

Ihr solltet Euch darüber im Klaren sein, was ihr euch von dem Sabbatical erhofft. Mir war es wichtig, nicht nur an einem Ort zu verweilen, sondern etwas mehr von Kanada zu sehen. Gleichzeitig wollte ich mindestens 2 Wochen pro Host einplanen, um die Umgebung ausreichend zu erkunden. Etwas Puffer für unerhoffte Veränderungen solltest du ebenso vermerken. In meiner Reise sind zwei Wochen komplett unverplant, in denen ich spontan meine nächste Station überlege oder doch länger am vorherigen Ort bleibe – gerade so, wie es mir am Besten passt.

 

JETZT ist der richtige Zeitpunkt

Falls du zwar eigentlich richtig Bock aber irgendwie auch Angst vor so einer Reise hast, lass dir Eines gesagt sein: Die habe ich verdammt noch mal auch. Oh ja, und zwar nicht zu knapp. Ich bin keiner der Globetrotter, die auf der ganzen Welt zuhause sind. Ich liebe mein Zuhause. Und ich werde meinen Freund, meine Familie und Freunde wahnsinnig vermissen. Manchmal gehe ich abends sogar ins Bett und denke: “Ohje, habe ich mir das auch gut überlegt?” Und dann, im nächsten Augenblick, freue ich mich wieder wahnsinnig auf das Ungewisse. Ich werde hier nichts verpassen, auch wenn die Welt sich  überall weiterdreht. Auch auch du wirst nichts verpassen, wenn du etwas Neues ausprobierst.

Der perfekte Zeitpunkt, um deine Träume endlich umzusetzen ist genau jetzt.

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2 comments

Elisabeth 5. März 2018 - 20:05

Hi Jassi,

wie cool! Ich tagträume ab und an auch von so einer Auszeit 🙂 Und Kanada steht auch weit oben auf meiner Reisewunschliste. Wie toll, dass dein Arbeitgeber dir ein Sabbatical ermöglicht und du sogar weiter einen Teil deines Gehalts beziehst!
Ich wünsche dir eine wunderbar und unvergessliche Zeit!

Liebe Grüße,
Elisabeth

Reply
gruenartig 28. März 2018 - 22:48

Jetzt komme ich endlich dazu dir zu antworten: Danke, liebe Elisabeth! Ich drück dir die Daumen, dass es auch bei dir irgendwann mit der Auszeit klappt 🙂
Liebe Grüße aus Winnipeg,
Jassi

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