Unkraut? Von wegen! Wildkräuter in Deutschland

by gruenartig

Es gibt allein in Deutschland hunderte Wildkräuter, die wir Menschen wunderbar essen können. Trotzdem kennen wir außer Bärlauch, Schnittlauch und Löwenzahn kaum noch welche davon. Und selbst wenn wir noch mehr davon selbst bestimmen könnten, wären unsere Berührungsängste immer noch hoch: Wir scheuen uns vor Verwechslungen mit giftigen Kräutern oder vor Verunreinigung mit Schadstoffen durch Autoabgase, Schädlinge oder Hundepi… . Die Kräuter aus dem Supermarkt erscheinen steriler und sicherer. Also greifen wir lieber zu horrenden Preise auf pestizidbelastete Kräuter zurück, anstatt selbst mit einem Beutel durch den Wald zu laufen und die Pflanzen dann einfach gründlich zu waschen. Obwohl das sogar einen riesen Spaß macht – oder erinnert ihr euch nicht gerne daran, wie ihr früher als Kind stundenlang draußen verbracht und Gänseblümchen-Salat gerupft habt? Ich jedenfalls schon und darum war ich hellauf begeistert, als ich von einem Wildkräuter-Lehrgang mit Koch und Ernährungsberater Jens Clausen erfuhr.

 

Das dreistündige Seminar sollte einen kleinen Einblick in essbare Wildkräuter, ihre Nähr- bzw. Mineralstoffe und mögliche Verwendungen in der Küche geben. Dabei wurde etwas mehr als eine Stunde lang ein Rundgang durch den Garten mit allen Teilnehmern gemacht, bevor wir im warmen Gartenhäuschen gemütlich Pesto hergestellt und Foccacia gebacken haben.

Ernährungsberater und Wildkräuter-Koch Jens Clausen

Ernährungsberater und Wildkräuter-Koch Jens Clausen

 

Beim ersten Rundgang durften wir die Kräuter direkt identifizieren, pflücken und probieren. Ich habe mich umgehend geärgert, kein Notizbuch mitgenommen zu haben und war dadurch gezwungen, in Steno auf meinem Smartphone mitzutippen. Denn die Informationsflut, die Jens Clausen uns aus dem Stegreif mitgeben konnte, war enorm. Natürlich ist es in meinem Fall einfach, einen absoluten Anfänger mit neuen Infos zu versorgen. Doch auch die “erfahrenen” Botanikfreunde im Kurs erschienen mir beeindruckt. Meine persönlichen “Aha”-Momente mit den gefundenen Pflanzen möchte ich Euch natürlich nicht vorenthalten.

 

Du ärgerst dich über Giersch? Unnötig!

Du ärgerst dich über Giersch? Unnötig!

 

Giersch:

Du hast Giersch im Garten und bist genervt über dieses wildwuchernde Unkraut? Freu dich lieber und pflück dir einige Pflanzen (am besten wenn er noch jung ist und glänzt). Denn Giersch enthält reichlich Vitamin C und Kalium. Die Blätter können außerdem mit Knoblauch gekocht wie Spinat gegessen werden.

 

Klee:

Alle Kleesorten sind essbar und die schönen Blüten hervorragend geeignet zur Dekoration. Am besten soll der Sauerklee schmecken – besonders Kinder lieben ihn wegen des erfrischenden Geschmacks.

 

Brennessel:

Die Brennessel kannte ich bisher eigentlich nur als Tee, dabei kann man die Pflanze auch für viele andere Gerichte verwenden. Und das lohnt sich: Kieselsäure, Eisen, Zink… Da würde ich fast von Superfood sprechen 😉 Von Frühjahr bis Herbst kann man Brennessel ja fast überall finden und pflücken. Dabei natürlich am besten Handschuhe verwenden.

 

Achtung:

Alles, was aussieht wie Möhre / Petersilie / Kerbel am besten gar nicht erst pflücken (wegen Verwechslungsgefahr mit giftigen Kräutern).

 

Knoblauchrauke:

Bärlauch ist was für’s Grobe – Feingeister pflücken Knoblauchrauke (bevor sie blüht). Die riecht schon beim Pflücken ganz lecker und dezent würzig. Aber: Sobald die Knoblauchrauke blüht, schmeckt sie leider nur noch nach Kresse.

 

Zugegeben – Den Altersschnitt habe ich durch meine Anwesenheit bei dem Seminar ziemlich nach unten korrigiert. Ich verstehe gar nicht, warum sich nicht mehr “junge Leute” dafür interessieren? Entweder bin ich dem Trend total voraus oder ich habe mal wieder kein Gespür für Coolness. Soll mir aber recht sein – denn anderenfalls müsste man wohl mit superteuren Kursgebühren rechnen. Wisst ihr, was ich nun für den 3-stündigen Kurs inkl. Getränken bezahlen sollte? 4€ + eine freiwillige Spende – Kein Scherz! Ich finde es so schön, dass es noch Coaches und Organisationen gibt, die nicht bloß auf schnellen Profit aus sind, sondern mit viel Liebe und Engagement ihr Wissen vermitteln.

 

 

Lust auf ein Wildkräuter-Seminar bekommen?

 

Das Seminar wird inzwischen regelmäßig vom Umwelthaus Pinneberg organisiert. Wenn ihr aus dem Hamburger Raum kommt und Interesse daran habt, findet ihr nähere Informationen und Termine auf deren Website. Jens Clausen kann  man übrigens auf Anfrage auch direkt buchen – Kontaktiert ihn gerne z.B. über seine Facebook-Seite.

 

Ich werde bestimmt in Kürze wieder ein neues Seminar besuchen, um mein Wissen auszubauen und neue Rezepte kennen zu lernen. Denn von dem ersten Pesto bin ich immer noch ganz begeistert:

 

Wildkräuter und Saisonkalender

Veganes Wildkräuter-Pesto selbst machen

 

Ein schnelles und einfaches Rezept für Anfänger in der Wildkräuter-Küche ist das selbstgemachte Pesto. Dafür müsst ihr tendenziell nur im eigenen Garten / nahegelegenem Wald / Stadtpark nach diversen essbaren Pflanzen fahnden. Und das ist gar nicht so schwer: Giersch, Löwenzahn, Knoblauchrauke, Bärlauch, Gundermann, Brennnessel, Sauerampfer… Alles, was ihr sicher erkennt, werft ihr in euer Körbchen und wascht es zuhause gut ab.

  • 200g Kräuter
  • 400g Öl nach Geschmack (Olivenöl, Rapsöl, Sonnenblumenöl…)
  • 200g geröstete Nüsse (Sonnenblumen, gemahlene Mandeln, Cashewkerne)
  • Saft einer Zitrone, etwas Rohrohrzucker und Salz

Alle Zutaten in ein hohes Gefäß geben und mit dem Pürierstab zerkleinern, bis sich eine sämige Masse ergibt. Abschmecken. In ein sauberes Schraubglas füllen und mit Öl bedecken – so hält sich das Pesto bis zu 6 Wochen im Kühlschrank.

 

Beim Pesto gefällt mir besonders gut, dass die Bitterstoffe der Wildkräuter nicht dominieren. Denn das werdet ihr bei den ersten Experimenten sicherlich merken: Viele Wildkräuter schmecken extrem bitter. Das ist für den Menschen zwar wahnsinnig gesund (Bitterstoffe regeln die Verdauung), doch inzwischen leider sehr gewöhnungsbedürftig. Für einen sanften Einstieg in die Welt der Kräuter ist das Pesto darum gut geeignet.

 

Auf den Geschmack gekommen? Zum Einlesen und Nachmachen

 

Für alle, die sich jetzt näher mit dem Thema beschäftigen möchten, habe ich ein paar hilfreiche Literaturvorschläge gesammelt:

 

  1. Die Enzyklopädie der Wildkräuter soll ein gutes Nachschlagewerk mit 2.000 Pflanzen in Mitteleuropa sein. Besonders handlich ist es nicht, aber es zeigt anschauliche Bilder und die Nährstoffe der Pflanzen. Selbst unser Wildkräuter Coach nimmt seine Enzyklopädie regelmäßig mit in den Wald – schließlich kann man nicht alle Kräuter im Kopf behalten.
  2. Ein schönes Kochbuch mit außergewöhnlichen Rezepten bietet Meine wilde Pflanzenküche von Meret Bissegger, die mit ihrem Fachwissen schon einige TV-Auftritte absolvierte und dadurch inzwischen eine bekannte Wildkräuter-Köchin geworden ist.
  3. Aus Wildkräutern kann man auch hervorragend Grüne Smoothies zaubern – tolle Anregungen dafür bietet Wildkräuter-Smoothies: Pure Kraft aus der Natur mit vielen Tipps zum selbst Experimentieren. Natürlich kann man das zuerst auch im Kleinen selbst Ausprobieren und mit den Bitterstoffen vorsichtig an den eigenen Geschmack rantasten.
  4. …Zum Schluss: Wer (wie ich) nur auf den Ausbruch der Zombie-Apokalypse wartet, ist bestimmt mit einem Buch zur Heilkraft von heimischen Kräutern gut beraten (werdet ein wertvolles Mitglied der Gruppe! 😉 ) Zum Beispiel mit der Naturapotheke für unterwegs. Doch auch ohne den nahenden Weltuntergang kann das Wissen trotzdem hilfreich sein – z.B. beim Camping.

 

Abschließend würde mich wahnsinnig interessieren, ob ihr das Thema genauso spannend findet, wie ich? Denn theoretisch habe ich noch ein paar Ideen für leckere, vegane Rezepte, die ich gerne ausprobieren und vorstellen möchte. Hinterlasst mir dafür gerne einen Kommentar – eure Meinung ist mir wichtig 🙂

 

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1 comment

Eni 5. August 2016 - 10:36

Hallo Jassi,
ich finde Wildkräuter auch ganz toll, leider kenne ich nicht so viele wie ich gerne kennen würde. Die üblichen halt…
Wir haben ein sehr großes Grundstück und immer wieder treffe ich eine Pflanze, wo ich mir denke: Servus, wer bist du denn? Ob ich dich wohl essen kann?
So eine Kräuterwanderung wär natürlich ein Highlight, die werden bei uns in Bayern auch überall angeboten. Man müsste sich nur mal die Zeit nehmen.
So zupfe ich meistens Brennnesselspitzen, die verbreiten sich bei mir inflationär und genieße das Kribbeln in den Fingern – Handschuhe ist eh was für Weicheier 😉 . Außerdem passt die Brennnessel fast überall dazu.
LG Eni

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